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Wann geht der Vorhang wieder auf?

Wann geht der Vorhang wieder auf?
Werden diese Plätze irgendwann wieder besetzt sein? Die Corona-Krise hat den Kinos mächtig zugesetzt. Ein kluger Weg heraus ist noch nicht gefunden. | © Canva

Der Corona-Shutdown hat die Kinos hart getroffen. Ab 8.Juni können sie voraussichtlich wieder öffnen. Warum das kompliziert werden könnte: Ein Lagebericht aus Frauenfeld und Romanshorn.

Kinos gehören zu den beliebtesten Kulturorten in der Schweiz: Zwei Drittel aller SchweizerInnen gehen nach Zahlen des Bundesamt für Statistik gelegentlich bis häufig ins Kino. Bei den Lockerungen nach dem Corona-Shutdown gehören die Lichtspielhäuser trotzdem zu den letzten, die ihre Betriebe wieder aufsperren dürfen. Ein Grund dafür: Die Umsetzung von Abstands- und Hygieneregeln gilt hier als besonders kompliziert.

Ob diese Auffassung weiter Bestand hat, wird der 27. Mai zeigen. Dann will der Bundesrat die dritte Etappe seiner Lockerungsmassnahmen verkünden. Neben Theatern, Zoos und Schwimmbädern hat die Politik auch Kinos eine mögliche Öffnung in Aussicht gestellt. Bleibt es dabei, könnten die Kinos ab dem 8.Juni wieder Filme zeigen. Könnten, weil längst nicht klar ist, unter welchen Bedingungen der Betrieb erlaubt ist und ob das auch für kleinere Kinos machbar ist.

„Ich befürchte, dass so strenge Abstandsregeln vorgegeben werden, dass kleinen Kinos der Betrieb verunmöglicht wird.“

Christof Stillhard, Programmchef Cinema Luna (Bild: Samantha Zaugg)

Eine Frage, die auch Christof Stillhard umtreibt. Stillhard ist Programmchef des vielfach ausgezeichneten Arthouse-Kinos Cinema Luna in Frauenfeld. „Für uns ist es auch deshalb so schwierig gerade, weil wir seit Wochen wie in der Luft schweben. Und keiner so genau weiss, was das alles für die Kinos bedeutet“, sagt er im Gespräch mit thurgaukultur.ch Das Büro des Luna ist coronabedingt auf Kurzarbeit, Christof Stillhard selbst arbeitet schon an einem Programm für die Zeit nach dem Shutdown. Ansonsten hat er jetzt Zeit Pläne für den Herbst zu schmieden und die Streaming-Tipps des Luna zu betreuen, die das Kino in der Corona-Krise ins Leben gerufen hat.

Seine grösste Sorge ist: „Ich befürchte, dass am 27. Mai Abstandsregeln für die Kinos publiziert werden, die es einem kleinen Kino mit wenigen Sitzreihen verunmöglichen, den Betrieb einigermassen verlustfrei zu führen“, sagt Stillhard. Was er damit meint, veranschaulicht er am Beispiel seines Kinos: „In unseren kleinsten Saal passen normalerweise 30 ZuschauerInnen, mit Abstandsregeln schrumpft das schnell auf 6 bis 8 ZuschauerInnen. Genauso in unserem grössten Saal - der fasst aktuell 80 ZuschauerInnen. Strenge Abstandsregeln könnten dazu führen, dass nur noch ein Viertel davon erlaubt ist.“ Was das für das Luna bedeuten würde? „Das wäre schon sehr mühsam, eigentlich brauchen wir die volle Saalgrösse, um irgendwie über die Runden zu kommen.“ so Stillhard.

Die Existenz des Kinos ist nicht gefährdet. Noch nicht.

Dabei ist das Frauenfelder Kino sogar in der privilegierten Lage, gar nicht rentabel arbeiten zu müssen: Das Arthouse-Kino wird von Stadt, Kanton und Filmförderung unterstützt. Trotzdem sagt Stillhard: „Wenn wir dauerhaft nur noch 20 ZuschauerInnen einlassen dürfen, zahlen wir irgendwann nur noch drauf.“ Bislang sei die Existenz nicht gefährdet, das Kino habe ein Polster angespart, aber monatelang könne auch das Luna einen stark beschränkten Betrieb mit reduzierten Zuschauerzahlen nicht aufrecht erhalten.

Eine weitere Konsequenz daraus könnte sein: „Wir müssten dann vielleicht anders programmieren, um wenigstens die zur Verfügung stehenden Plätze regelmässig zu verkaufen. Das könnte uns zwingen, stärker auf neue und bekanntere Filme setzen zu müssen“, sagt der Luna-Programmchef. Genau das will er aber eigentlich nicht, weil das Profil des Luna ja gerade ist, auch Filme zu zeigen, die vielleicht nur zwei ZuschauerInnen interessieren.

Tendenziell sind die Kinoeintritte in den 1980er Jahren stark zurückgegangen. Es sind aber auch grosse Schwankungen von Jahr zu Jahr zu beobachten – oft beeinflusst von der Anzahl und dem Erfolg von Grossproduktionen in den jeweiligen Jahren.

 

Die Sorgen vor einer zu frühen Öffnung

Auf ein anderes Problem bei den Kinoöffnungen hat der Branchenverband „Pro Cinema“ Ende April hingewiesen: „Eine zu frühe Öffnung könnte mehr negative Folgen haben als wir uns wünschen: keine verfügbaren Filme, zu grosse Angst in der Bevölkerung, zu wenige Besucher“, hat der Verband in einer Mitteilung am 23. April geschrieben.

Wichtig sei zudem ein bundesweites Vorgehen und keine kantonalen Lösungen. Das würde den Kinos nicht helfen, weil Verleiher mit der Veröffentlichung von Filmen so lange warten, bis ausreichend Leinwände zur Verfügung stehen. Gleichwohl bereitet sich der Verband auf einen Neustart vor: Die Beschaffung von Schutzmaterial wird über Pro Cinema koordiniert, der Verband will auch ein Branchen-Schutzkonzept erstellen, das die Kinos benutzen können. Einen definitiven Rat an seine Betriebe hat der Verband aber nicht: „Jeder Betrieb muss jedoch selber entscheiden, ob er in der Woche vom 8.Juni sein Kino öffnen will.“

Auf im Juni oder dicht bis September: Im Roxy prüft man viele Szenarien

In Romanshorn würde Andrea Röst das Kino Roxy am liebsten sofort wieder aufschliessen. „Wir fühlen uns sehnsüchtig“, sagt die Roxy-Geschäftsführerin im Gespräch mit thurgaukultur.ch. Gemeinsam mit dem Vorstand arbeite sie gerade daran, wie ein Corona-Betrieb möglich sein könnte. „Wir haben hier den Luxus, viel Platz zu haben, Abstandsregeln könnten wir einhalten“, sagt Röst. Aber auch für sie stellt sich die Frage, ob das dann noch wirtschaftlich ist.

Deshalb prüfen Verein und Geschäftsführung jetzt verschiedene mögliche Szenarien. Von der Öffnung am 8. Juni bis zur Schliessung bis Ende August sei alles möglich, sagt Röst. Tatsächlich ist die Aussicht auf eine Öffnung im Sommermonat Juni für viele Kinos nicht besonders lukrativ. „Im Sommer kommen ohnehin weniger Leute ins Kino, da muss man gut überlegen, ob sich eine Öffnung für zwei bis drei Wochen lohnt“, sagt Röst. Erst recht, da das Roxy ohnehin traditionell in den Monaten Juli und August geschlossen hat.

„Wir spüren auch die Verantwortung und Solidarität mit den FilmemacherInnen und SchauspielerInnen.“

Andrea Röst, Geschäftsführerin Kino Roxy (rechts im Bild, daneben Vreni Schawalder, frühere Vereinspräsidentin)

Grundsätzlich habe sie aber auch Sympathien für eine Öffnung im Juni, denn: „Wir spüren auch die Verantwortung und Solidarität mit den FilmemacherInnen und SchauspielerInnen, die die Kinoleinwände ja benötigen, um ihre Werke zu zeigen“, so Röst. Und natürlich wollten sie auch für ihr Publikum da sein.

Es ist, wie so vieles in diesen Tagen, ein schwieriger Balanceakt: Kann man den Filmschaffenden helfen, ohne, dass man als Kino am Ende selbst unter die Räder gerät?

Noch ist die finanzielle Lage auch im Roxy entspannt: „Wir sind nicht in unserer Existenz bedroht, wir haben ein gewisses Polster. Trotzdem freuen wir uns natürlich über jede Unterstützung“, sagt die Geschäftsführerin. Sie selbst ist inzwischen auf Kurzarbeit.

Alle Augen sind auf den 27. Mai gerichtet

Wann und wie es beim Roxy weitergeht, entscheidet am Ende der Vereinsvorstand. Sobald der Bundesrat seine Vorgaben publik gemacht habe, werde man sich zusammensetzen und entscheiden.

Ähnlich ist es auch beim Cinema Luna in Frauenfeld. „Der Vorstand entscheidet am 27. Mai, wie es weitergeht bei uns“, sagt Christof Stillhard. Im Grunde sei man aber parat: Organisation und Filmprogramm seien so weit, dass ein Start am 8. Juni möglich wäre. Da müsste dann nur noch das Publikum mitmachen.

Die Kinos sitzen vor allem in den Grossstädten: Grafik zur Kinoinfrastruktur in der Schweiz

 

Und was ist mit Open-Air-Kino?

In Wartestellung sind derzeit auch noch die Open Air Kinos der Region. In den vergangenen Jahren begann die Saison etwa ab Juni. In diesem Jahr wird es definitiv später. Die grossen Freiluftkinos in Kreuzlingen und Arbon haben ihre Spielzeiten bereits nach hinten verlegt: In Kreuzlingen soll es nach aktuellen Plänen am 19. August losgehen, in Arbon am 18. August. Die Veranstalter des Open Air Kino Frauenfeld wollen nach dem Entscheid des Bundesrat am 27. Mai überlegen, ob und wie ihr Freiluftkino in diesem Sommer stattfinden kann. Beim Sunset-Filmfestival in Wil und beim Open-Air-Kino des Zebra-Kino Konstanz gibt es derzeit noch keine Informationen, ob es in diesem Jahr ein Programm gibt.

 

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