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von Andrin Uetz, 01.02.2023

Verwalter ihres eigenen Erbes

Verwalter ihres eigenen Erbes
Tournee ohne Ende Manfred Mann bei einem Konzert seiner Band im Jahr 2016. | © Von Rs-foto - Eigenes Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=49430446

Mit der Manfred Mann’s Earth Band kommt am 4. März eine der ganz grossen englischen Rockbands der 1970er und 1980er ins Presswerk Arbon. Wir haben das Konzert zum Anlass genommen, uns durch das beeindruckende Oeuvre der Band zu hören. (Lesedauer: ca. 3 Minuten)

Bis auf eine kleinere Auszeit zwischen 1988 und 1992 tourt die Manfred Mann’s Earth Band seit ihrer Gründung 1971 rund um den Globus. Waren die innovativsten und kreativen Jahre der Band unbestritten die 1970er und 1980er Jahren, so lässt sich der differenzierte und spielfreudige Progressive Rock der Band nicht zuletzt auch durch das virtuose Synthesizer-Spiel von Manfred Mann auch in den 20er Jahren des neuen Jahrtausends durchaus hören.

Dabei dürfte der allgemeine E-Gitarren-Verdruss – der machoide Gestus des phallischen Stromgitarren-Solos, welcher bei anderen Rockbands dieser Zeit dominiert, wird durch die feingesponnen Arrangements angenehm entschärft – der Earth Band in die Hände spielen. Ebenso die insbesondere an 1980er Synthesizern sich aufladende Retromanie.

Reinhören: Eine visionäre Soundgestaltung ist bereits auf dem frühen Album „Glorified Magnified” von 1972 zu hören.

Sci-Fi, Bob Dylan und Umweltschutz

Die Anfänge der Band sind geprägt vom typischen Sound der 1970er irgendwo zwischen Blues, Jazz und dem Rock der Hippie-Bewegung. Unter anderem sind Covers von Bob Dylan und Bruce Springsteen im Repertoire. Aber auch klassische Musik und Science-Fiction-Literatur soll den aus Südafrika stammenden Manfred Mann beeinflusst haben.

Video: Cover von Bob Dylan’s „Mighty Quinn” 1972 live in Sydney.

So kommt es, dass neben ausufernden Gitarrensoli ziemlich spacige Synth-Sounds ihr Unwesen treiben bei den ekstatischen Konzerten der jungen Band.

Im Zuge eines wachsenden Bewusstseins für Ökologie sind Themen wie Umweltschutz und die Ausbeutung des Planeten sowie die Entfremdung des Menschen von der Natur präsent in Songs wie “Messin’" oder “Father Of Day, Father Of Night”.

Der US-Durchbruch mit Bruce Springsteen

Den grössten Hit der Bandgeschichte landet die Manfred Mann’s Earth Band mit einem Cover von Bruce Springsteens „Blinded By The Light”, welcher es an die Spitze der US-Billboard-Charts schaffte.

Der Erfolg hindert die Gruppe aber nicht daran, immer wieder sozialkritische Themen in ihre Lieder mit einfliessen zu lassen, etwa im Song „Chicago Institute” auf dem Album „Watch” von 1978, der sich kritisch mit Psychiatrien auseinandersetzt. So heisst es im Songtext dazu: „There's an institute in Chicago / With a room full of machines / And they live this side of the sunrise / And burn away your dreams”.

Video: Mit diesem Song schaffte die Band den Durchbruch in den USA

Einreiseverbot in Südafrika

In den 1980er Jahren positionierte sich Manfred Mann – der selbst in Südafrika aufwuchs – gegen die Apartheid und wurde von der Regierung mit einem Einreiseverbot gestraft. Das Album „Somewhere in Afrika” von 1983 setzt sich explizit mit der kolonialen Geschichte von Südafrika auseinander.

Auch klangästhetisch leitet das Album eine neue Dekade der Band ein, welche sich vom Space-Rock der 1970er Jahre verabschiedet und den Synthesizer genauso wie Fieldrecordings und Polyrhythmen mehr ins Zentrum stellt.

Aus heutiger Sicht – auch anschliessend an die Kontroversen rund um die Live Aid Konzerte von 1985, welche teils als Wohltätigkeits-PR kritisiert wurde – drängt sich die Frage nach der Repräsentation indigener Anliegen durch eine Person aus der kolonialisierenden Gesellschaftsschicht auf.

Immerhin heisst es im Songtext: „Brothers and Sisters of Africa / It's still the same / The words they use are just a game / Mothers and Daughters of Africa / It's not for me / To say to you what you must do.”

Video: Die “Africa Suite” aus dem Album “Somewhere in Africa” 1983 live in Budapest.

Was von der Originalbesetzung noch übrig ist

Irgendwann werden auch die innovativsten Musiker älter. Die 1980er brachten noch zwei eher mässige Alben, bis dann 1988 der Betrieb für drei Jahre eingestellt wurde. Seit 1992 nun ist die Band als Verwalter ihres eigenen Erbes auf Tournee, hin und wieder gibt es Kollaborationen mit jüngeren Musiker:innen. Genauso wird auch die Band stetig verjüngt.

Von der Originalbesetzung sind heute nur noch Manfred Mann und Mick Rodgers (Gitarre und Gesang) dabei. Das soll aber nicht vom Konzertbesuch in Arbon abhalten. Im Gegenteil ist hier eine hochprofessionelle Band zu hören, welche mit viel Herzblut eine Musik spielt, die vielleicht nicht mehr neu ist, aber nach wie vor zu begeistern weiss.

 

Video: Manfred Mann’s Earth Band mit “Demolition Man” (Cover von The Police) 2004 live in Burg Herzberg.

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