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von Sascha Erni, 04.10.2018

So funktioniert der Lotteriefonds

So funktioniert der Lotteriefonds
Die Lotterie spielt eine wichtige finanzielle Rolle für die Schweizer Kultur. | © Sascha Erni

Der Lotteriefonds ist eine wichtige Geldquelle für kulturelle, wissenschaftliche und gemeinnützige Projekte im Kanton Thurgau. Eine kleine Auslegeordnung.

Mit der Abstimmung zum Geldspielgesetz vom 10. Juni 2018 rückten auch die kantonalen Lotterie- und Sportfonds wieder mehr ins Bewusstsein der Bevölkerung. Und nicht erst mit dem Knatsch ums Thurgauer Kunstmuseum stellt sich für Viele die Frage: Was soll das mit diesem Lotteriefonds überhaupt? Wir klären die fünf wichtigsten Punkte.

1. Welche Aufgaben hat der Lotteriefonds?

Der Lotteriefonds des Kantons Thurgau fördert kulturelle, wissenschaftliche und gemeinnützige Projekte finanziell. Auch werden Kulturschaffende direkt gefördert. Wichtig ist in allen Fällen, dass das Projekt bzw. die Person einen Bezug zum Kanton Thurgau hat. Inhaltlich deckt der Lotteriefonds mit Beiträgen oder Defizitgarantien ein sehr breites Spektrum ab. Im ersten Halbjahr 2018 etwa wurden Gelder gesprochen für Musikfestivals und Theaterproduktionen, neue Instrumente für Musikvereine, Beiträge zur Kulturvermittlung an Primarschulen oder verschiedene Druckkostenbeiträge für Publikationen. Es flossen aber auch Gelder in gesamtschweizerische Projekte wie eine Informationsplattform über Autismus (Kategorie «Gemeinnützig, Gesundheit») oder die 27. Eidgenössische Jugendsession in Bern (Kategorie «Jugend und Erziehung»). Der Umfang der jeweiligen Förderungen unterscheidet sich stark, von 40 Franken bis mehrere Millionen ist theoretisch alles möglich. Im Jahr 2017 unterstützte der Thurgauer Lotteriefonds Projekte mit gesamthaft 10,9 Millionen Franken; 2018 wird sich in einem ähnlichen Bereich bewegen.

2. Weshalb gibt es überhaupt kantonale Lotteriefonds?

Lotterien gab es in der Schweiz schon sehr lange und waren nicht reguliert. Unzählige lokale und regionale Lotterien führten mit der Zeit zu einem richtiggehenden Wildwuchs, Betrügereien und Unterschlagungen waren an der Tagesordnung. Also erliess der Bund im Jahr 1923 das Lotteriegesetz. Darin verbietet er grundsätzlich Lotterien – ausser, sie werden von den jeweiligen Kantonen für wohltätige und gemeinnützige Zwecke durchgeführt. 1937 gründeten die Kantone die Genossenschaft Interkantonale Landeslotterie (ILL). Die ILL sollte die Landesausstellung von 1939 mitfinanzieren. Daraus wurde dann die heutige Swisslos. Die Swisslos selbst darf keinen Gewinn machen, entsprechend fliessen aktuell jährlich gut 350 Millionen Franken in die jeweiligen kantonalen Lotterie- und Sportfonds, weitere gut 40 Millionen Franken gehen für die direkte Sportförderung an die Sport-Toto-Gesellschaft.

3. Wer entscheidet wie über die Gelder des Lotteriefonds?

Der Lotteriefonds des Kantons Thurgau wird vom Kulturamt verwaltet. Das Amt kümmert sich um Förderbeiträge für Projekte von Veranstaltern, Vereinen und Institutionen. Im Jahr bearbeitet das Team gut 500 Anträge. Die Kulturstiftung hingegen, selbst durch den Lotteriefonds finanziert, vergibt Werk- und Projektbeiträge für das zeitgenössische professionelle Kulturschaffen im Kanton. Sie initiiert auch selber Projekte. Eine doppelte Förderung ist dabei ausgeschlossen. Der Sportfonds des Kantons hingegen wird direkt vom kantonalen Sportamt verwaltet.

Der Künstler Felix Brenner zeigt das Dossier, mit dem er sich erfolgreich auf die diesjährigen Förderbeiträge des Kantons beworben hat.
Der Künstler Felix Brenner zeigt das Dossier, mit dem er sich erfolgreich auf die diesjährigen Förderbeiträge des Kantons beworben hat. Bild: Sascha Erni

 
Die genauen Kompetenzen sind nach Betrag gestaffelt. Bis 10’000 Franken entscheidet das Kulturamt beziehungsweise das Sportamt. Von 10’000 bis 20’000 Franken entscheidet die Chefin des Departements für Erziehung und Kultur, Regierungsrätin Monika Knill. Ab 20’000 Franken liegt diese Aufgabe beim Regierungsrat, bei Beträgen ab 1 Million (jährlich wiederkehrend) beziehungsweise 3 Millionen Franken (einmalig) beim Grossen Rat. Für die Entscheidungsfindung werden Sachverständige und Spezialistinnen hinzugezogen. So oder so müssen Antragssteller ein umfangreiches Dossier inklusive Budget und Finanzierungsplan einreichen. Das Kulturkonzept des Kantons hält unter anderem die für die Unterstützung geltenden Richtlinien fest; Konzept und Kriterien gelten ab 2019 für jeweils vier Jahre, bisher waren es drei Jahre. Das neue Kulturkonzept erschien im September 2018.

4. Wer kann sich für Beiträge bewerben?

Prinzipiell kann jeder und jede ein Gesuch beim Lotteriefonds einreichen. Im Kulturbereich tun dies oft Vereine und Gruppen, es können aber auch Einzelpersonen Gesuche stellen. Ausserden unterstützt der Lotteriefonds Schulen auf Antrag mit Kleinbeiträgen für Kulturvermittlungsangebote und Besuchen, z.B. in Museen. Wenn der Kanton ein interessantes Projekt erkennt oder selbst auf die Beine stellen möchte, kann auch er ein Gesuch einbringen. Gesuchsformulare kann man von der Internetseite des kantonalen Kulturamts herunterladen.

5. Die Kantone haben also auch selbst Zugriff auf den Fonds?

Ja. Und nicht jeder Kanton, nicht jede Regierung hält sich da gleich gut zurück. Die kantonalen Lotteriefonds stehen entsprechend immer wieder in der Kritik. Von «Selbstbedienungsladen» ist die Rede, andere stören sich daran, dass manche Kantone Gelder aus dem Lotteriefonds für Dinge verwenden, die an die Grenzen der Zweckdefinition (Kultur, Sport, Soziales, Umwelt) gehen. Des weiteren gibt es nicht selten Diskussionen über mangelhafte Transparenz und Kontrolle – weshalb erhält das eine Projekt Unterstützung, weshalb ein anderes nicht? Mögliche Interessenkonflikte sind ebenfalls nicht immer auszuschliessen. Denn der Kanton verwaltet Gelder, die für die Allgemeinheit bestimmt sind, kann aber auch selbst darauf zugreifen. So hatte der Kanton Thurgau etwa 2017 für zwei eigene Projekte gesamthaft 185’000 Franken zugesprochen bekommen: 150’000 Franken wurden für den Solidaritätsbeitrag zugunsten von Opfern fürsorgerischer Zwangsmassnahmen und Fremdplatzierungen genutzt, 35’000 Franken waren ein Nachtragskredit für die Publikationsreihe «Der Thurgau im späten Mittelalter», die im Rahmen des Konziljubiläums lanciert worden war.

Weiterlesen. Was steht im neuen Kulturkonzept drin? Hier gibt es eine detaillierte Analyse

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