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von Inka Grabowsky, 07.05.2018

Ittinger Pfingstkonzerte: Frischer «Ostwind» zieht auf

Ittinger Pfingstkonzerte: Frischer «Ostwind» zieht auf
Vom Strand in die Kartause: Der Blockflötist und Dirigent Maurice Steger ist der künstlerische Leiter der diesjährigen Ittiinger Pfingstkonzerte. | © Molina Visusals

Die Ittinger Pfingstkonzerte in der Kartause widmen sich in diesem Jahr Osteuropa und dem fernen Osten. Künstlerische Leiter ist der Blockflötist Maurice Steger. Los geht es am 18. Mai.

Von Inka Grabowsky

Ein besonderes Jubiläum kündigt Jürg Hochuli an, der seit vielen Jahren die Pfingstkonzerte organisiert. „Wir treffen uns nun zum 24. Mal“, sagt er, „und das ist für Musiker ja eine durchaus wichtige Zahl.“ Nun, alle 24 Tonarten werden in der Kartause wohl nicht ganz zu Gehör gebracht, doch vielfältig ist das Programm auf jeden Fall. Zuständig dafür war dieses Jahr Maurice Steger. „Nach dem Tastenvirtuosen Otto Schnyder 2016 und der Violinistin Isabelle Faust 2017 haben wir jetzt mit dem Flötisten Maurice Steger einen windigen Leiter“, so der Konzertveranstalter mit einem Lächeln.

«Wir sind kein Barockfestival»

Steger hat sich das Motto „Ostwind“ gewählt: „Nicht nur, weil wir hier in der Ostschweiz sind, sondern vor allen, weil wir den osteuropäischen Einfluss in der Musik zeigen wollen.“ So gibt es schon zur Eröffnung am 18. Mai unter anderem den Tschechen Dvořák und den Böhmer Zelenka, aber auch Fernöstliches. Aus Japan kommt die zeitgenössische Klanginstallation, mit denen Steger die alte Musik in den Konzerten 1, 4 und 5 kontrastiert oder ergänzt. „Ich selbst mache Barockmusik“, erklärt der Flötist, „aber hier in Ittingen hat auch anderes Platz. Wir sind kein Barockfestival.“ Das Werk „Nacht – Schlaf“ aus dem „Singing Garden in Venice“ des 1955 geborenen Toshio Hosokawa (ein Tonbeispiel gibt es hier ) ist eine schweizerische Erstaufführung.

Verantwortlich für die künsterliche Leitung: der Dirigent und Flötist Maurice Steger. Der Künstler war bei der Mediekonferenz selbst anwesend.Verantwortlich für die künsterliche Leitung: der Dirigent und Flötist Maurice Steger. Der Künstler war bei der Mediekonferenz selbst anwesend. Bild: Inka Grabowsky

Das ist nur ein Beleg dafür, dass in Ittingen Ungewöhnliches geboten wird. „Das Programm verspricht grosse Exklusivität“, kündigt der künstlerische Leiter an. Besonders stolz ist er auf das „Tastenfest“ am 19. Mai, bei dem die Entwicklung der Tasteninstrumente dargestellt wird. Zum Einsatz kommen Nachbauten eines zweimanualigen flämischen Cembalos, von drei unterschiedlichen einmanualigen italienischen Cembali, eines zweimanualigen deutschen Cembalos, einer Orgel nach Vorbildern des 18. Jahrhunderts und eines Hammerflügels aus dem Jahr 1795. „Allein die Instrumente zu beschaffen, war ein Riesenaufwand“, so Steger. „Wir wollen damit versuchen, die Zuhörer in alte Klangwelten zu entführen.“ Auf dem Programm steht an diesem Abend unter anderem Carl Philipp Emanuel Bachs Konzert für Cembalo, Hammerflügel und Orchester in Es-Dur. „Dass das programmiert wird, ist eine Sensation“, meint der Leiter.

Auch im Programm: Eine «Tafelmusik» nach französischem Vorbild

Die Pfingstkonzerte in Ittingen sollen ganzheitlichen Genuss bieten. Deshalb gibt es am Samstagabend eine „Tafelmusik“, ein Dîner Musical nach französischem Vorbild, bei dem die Musiker so wie in der Zeit des Barocks üblich als Diener der Ambiance in den Hintergrund treten. Damit ihre Leistung zwischen den Gängen trotzdem gewürdigt wird, tritt der Musik- und Tanzexperte Stephan Mester in vollem Ornat als Majordomus auf, der die Stücke anmoderiert und die Sitten erklärt. „Ganz original wird es wohl leider nicht werden“, witzelt er. „Wir haben schliesslich keine Ständegesellschaft mehr. Alle Besucher sind uns gleich viel wert.“

Als ziviler Moderator wird Mester auch das Konzert 4 mit dem Titel „Königliche Klänge“ am Pfingstsonntag erklären und Gemeinsamkeiten in den so unterschiedlich scheinenden Kompositionen suchen. Neben Hosokawa und Smetanas Streichquartett „Aus meinem Leben“ ist hier Händels Tanzsuite aus der Oper „Almira, Königin von Kastilien“ zentral. „Die Sarabande dürfte wohl das berühmteste Barockstück überhaupt sein“, konstatiert Maurice Steger.

Der Mann hinter den Ittinger Pfingstkonzerten: Jürg Hochuli ist der Konzertveranstalter des AnlassesDer Mann hinter den Ittinger Pfingstkonzerten: Jürg Hochuli ist der Konzertveranstalter des Anlasses. Bild: Inka Grabowsky

Zuhörer können Musiker ganz verschieden erleben

Nicht nur Steger allein bildet den roten Faden durch alle sechs Konzerte – mal als Dirigent, mal als Flötist. Er setzt auch die anderen beteiligen Musiker mehrfach ein, so dass die Zuhörer sie in unterschiedlichen Zusammensetzungen und Spielorten erleben können. Die perfekte Infrastruktur in Ittingen macht es möglich, dass sie untereinander Kontakte knüpfen können. „Anders als bei anderen Festivals herrscht bei uns kein ständiges Kommen und Gehen der Künstler“, stellt Jürg Hochuli fest. „Wir haben ein Ensemble, das kommt und bleibt. Die Musiker bilden in der Kartause eine Familie auf Zeit.“ Wie schön, dass wir Zuhörer bei dieser Familie zu Pfingsten zu Gast sein dürfen.
 
Weiterlesen: Ein ausführliches Porträt über Maurice Steger können Sie hier lesen: https://www.thurgaukultur.ch/magazin/3353/ 

Die Ittinger Pfingstkonzerte vom 18. bis 21. Mai 

Das Diner Musical ist bereits ausverkauft, doch für die Konzerte sind noch Restkarten zu haben: Direkt über die Internetseite der Kartause. Ein Pdf des kompletten Programms der diesjährigen Konzerte gibt es hier 

 

 

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